Wissenswertes zum deutschen Strommarkt

Der deutsche Strommarkt befindet sich seit der Liberalisierung des Energiemarkts im Jahr 1998 im Umbruch: Die Marktöffnung hat nicht nur für eine große Vielfalt an Stromanbietern gesorgt, sondern auch die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien beflügelt. Bei einem Stromvergleich haben Verbraucher so nicht nur eine deutlich größere Auswahl an verschiedenen Versorgern und Preisen, sondern können auch den sogenannten Ökostrom zu immer günstigeren Preisen beziehen.

Im Folgenden erklären wir, wie sich die Preise auf dem Strommarkt zusammensetzen und mit welchen Entwicklungen Verbraucher in Zukunft rechnen müssen.

So setzt sich der Strompreis zusammen

Der Strompreis ist das Entgelt, das der Stromanbieter für die Belieferung mit elektrischer Energie verlangt. Dieses Entgelt wird auf dem deutschen Strommarkt maßgeblich durch vier Komponenten beeinflusst:

  • der Beschaffung des Stroms (u.a. an der Strombörse)
  • den Netznutzungsgebühren
  • den staatlich veranlassten Steuern und Abgaben
  • sowie insgesamt fünf verschiedenen Umlagen

Aus diesem Grund ist die Strompreisentwicklung auch nicht auf eine Komponente zurückzuführen, sondern immer von mehreren Faktoren abhängig.

Der durchschnittliche Stromverbrauch nach Stromspiegel

Preisbildung an der Strombörse

An der Strombörse werden Angebot und Nachfrage des Stroms gebündelt. Die führende Börsenplattform ist hier die EEX mit Sitz in Leipzig, die den Stromhandel für mittlerweile 20 europäische Strommärkte bietet. An der Strombörse können Stromversorger Strom zum Kauf anbieten oder auch von anderen Anbietern einkaufen.

So können beispielsweise Stromlieferanten mit einer Überproduktion an Strom diesen Versorgern anbieten, denen nicht genug Strom für die Belieferung aller Kunden zur Verfügung steht.

Der tatsächliche Handelspreis wird dann auf der Basis aller Angebote und Nachfragen ermittelt. In unserer obigen Grafik ist diese Komponente des Gesamtstrompreises unter „Strombeschaffung & Vertrieb“ aufgeführt. Somit beeinflusst der an der Börse ausgehandelte Preis den tatsächlichen Strompreis momentan nur zu circa 25%.

Netznutzungsentgelte

Ein weiterer Bestandteil des Strompreises ist das Netznutzungsentgelt. Dieses müssen Stromanbieter an die Netzbetreiber für die Einleitung von Strom in das Versorgungsnetz zahlen. Wie hoch die jeweiligen Entgelte dabei sein dürfen, bestimmen jedoch nicht die Netzbetreiber selbst: Erlösobergrenzen und die Verwaltung der bundesweiten Netzentgelte übernimmt zentral die Bundesnetzagentur.

Die Preishöhe hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab und wird zentral durch die gesetzlichen Bestimmungen in § 20 des EnWG (Energiewirtschaftsgesetzes) und die Strom- und Gasnetzentgeltverordnung geregelt. Das tatsächliche Netzentgelt darf jeder Netzbetreiber nur nach seiner ihm zugeteilten Erlösobergrenze festlegen, die von verschiedenen Faktoren abhängig ist:

  • Auslastung der Netze
  • Stromlieferung über Hoch-, Mittel- oder Niederspannungsnetze
  • Alter und Qualität der Netzinfrastruktur
  • Integrationskosten für erneuerbare Energien
  • Kostenaufkommen für Netzausbau, -modernisierung und Versorgungssicherheit

Der Stromanbieter sammelt das Netznutzungsentgelt von den Endverbrauchern ein und leitet sie an den Netzbetreiber weiter. Im Jahr 2018 haben die Netznutzungsentgelte zirka einen Anteil von 23 Prozent am Gesamtstrompreis gehabt. Die Bundesnetzagentur geht aktuell von einem weiteren Anstieg der Netzentgelte aus, da umfassende Netzsanierungen anstehen. Für Verbraucher ist somit für diese Komponente des Strompreises mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen.

EEG-Umlage

Die EEG-Umlage steht für die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Ziel der Umlage ist es, den Erzeugern von erneuerbaren Energien feste Einspeisevergütungen zu sichern und so die Stromerzeugung durch nachhaltige Quellen zu fördern. In der Regel werden damit die Energieerzeugungsformen durch Windkraft, Solar, Wasserkraft und Biomasse unterstützt.

Laut dem Gesetz müssen Energielieferanten für jede an den Verbraucher gelieferte Kilowattstunde Strom eine EEG-Umlage an die Übertragungsnetzbetreiber abgeben. Die Höhe der EEG-Umlage hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt, von 3,5 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2012 auf 6,79 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2018.

Damit macht die EEG-Umlage inzwischen zirka 1/4 des Gesamtstrompreises aus. Im Jahr 2019 ist die Umlagehöhe erstmalig wieder leicht gesunken und beträgt 6,405 ct/kWh. Laut Strommarktexperten soll die EEG-Umlage aber erst ab Mitte der 2020er Jahre wieder dauerhaft sinken.

Konzessionsabgaben

Die Konzessionsabgaben sind Entgelte, die Energieversorger dafür an Gemeinden zahlen, dass diese ihnen das Recht einräumen, auf öffentlichem Grund Strom- und Gasleitungen zu verlegen und zu betreiben. Für Städte und Gemeinden stellen diese Konzessionsabgaben eine beachtliche Einnahmequelle dar. Die zulässige Höhe der Abgaben für die Stromversorgung werden wie folgt berechnet:

Für Tarifkunden in Gemeinden:

  • bis 25.000 Einwohner: 1,32 ct/kWh
  • bis 100.000 Einwohner: 1,59 ct/kWh
  • bis 500.00 Einwohner: 1,99 ct/kWh
  • mehr als 500.000 Einwohner: 2,39 ct/kWh

Für Strom im Schwachlasttarif: 0,61 ct/kWh

Für Sondervertragskunden: 0,11 ct/kWh

Die Konzessionsabgaben werden zusammen mit dem Netznutzungsentgelt vom Verbraucher erhoben und an die jeweilige Gemeinde abgeführt.

Umsatz- und Stromsteuer

Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, beträgt derzeit 19% und wird zum Netto-Strompreis hinzugerechnet. Damit hat die Umsatzsteuer einen deutlich größeren Anteil am Strompreis als beispielsweise die Konzessionsabgaben.

Die Stromsteuer hingegen beträgt derzeit rund 7% des durchschnittlichen Haushaltsstrompreises und stellt mit jährlich rund 7 Milliarden Euro eine wichtige Einnahmequelle für den Bund dar. Zirka 90 Prozent der Einnahmen aus der indirekten Verbrauchssteuer fließen seit 1999 in die Rentenkasse, wodurch die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesenkt werden konnten.

Sonstige Preisbestandteile des Strompreises

Die restlichen Anteile des Strompreises setzen sich, neben der EEG-Umlage, aus weiteren vier Umlagen zusammen:

KWKG-Umlage:

Diese Umlage wird auf die Netzentgelte aufgeschlagen und soll die Förderung von sogenannten KWK (Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) fördern, also Anlagen, die durch einen Verbrennungsprozess gleichzeitig Wärme und Strom erzeugen. Im Jahr 2016 war die KWKG-Umlage mit 0,455 ct/kWh am höchsten, seitdem ist eine stetige Preisminderung zu beobachten (2019: 0,280 ct/kWh).

Offshore-Netzumlage:

Auch diese Umlage wird auf die Netzentgelte aufgeschlagen und ist im Jahr 2019 auf 0,416 ct/kWh angestiegen. Das liegt darin begründet, dass die Umlage nicht wie bisher nur die Entschädigungszahlungen an die Betreiber von Offshore-Windkraftanlagen abdecken (etwa für Verzögerungen im Netzanschluss oder bei Übertragungsstörungen), sondern seit 2019 auch die Kosten für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Netzanschlüssen.

Umlage für abschaltbare Lasten:

Diese Umlage beträgt für das Jahr 2019 0,005 ct/kWh und soll beispielsweise Industriebetriebe wie Aluminium- oder Chemiewerke, die Strom in großen Verbrauchseinheiten für die Produktion beziehen, dann entschädigen, wenn sie freiwillig für einen bestimmten Zeitraum auf die Stromentnahme aus dem Netz verzichten. Das soll vor allem zur Versorgungssicherheit beitragen.

Umlage nach § 19 der Strom-Netzentgeltverordnung (StromNEV):

Auf Grundlage des genannten Paragraphen haben bestimmte Letztverbraucher das Recht, niedrigere Netzentgelte zu zahlen. Das betrifft vor allem Verbraucher mit dauerhaft hohem Stromverbrauch, etwa aus der Industrie oder dem Schienenverkehr, die jährlich mehr als 10 Gigawattstunden bei mehr als 7.000 Benutzungsstunden beziehen. Die dadurch entgangenen Erlöse für den örtlichen Netzbetreiber werden über die Umlage finanziert und zurückgezahlt. Im Jahr 2019 beträgt die Umlagehöhe für Haushaltskunden 0,305 ct/kWh und ist damit im Vergleich zu 2018 leicht gesunken.

Zukünftige Strompreisentwicklungen

Mit der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 1998 versprachen sich die Verantwortlichen eine ähnliche Preisentwicklung wie auf dem Markt für Telekommunikation: Mit einer Fülle neuer Anbieter sollte der Konkurrenzkampf beflügelt werden und somit deutlich günstigere Strompreise für Verbraucher möglich sein.

Diese Entwicklung ist aber aufgrund verschiedener Gegebenheiten (noch) nicht so eingetreten, wie gewünscht. Tatsächlich hat sich der Strompreis seit der Liberalisierung für viele Haushalte in Deutschland sogar nahezu verdoppelt und belegt aktuell mit durchschnittlich 30 ct/kWh einen der Spitzenplätze im europäischen Vergleich. Das liegt unter anderem an der EEG-Umlage und weiteren Subventionen, vor allem der Einspeisevergütung, die für den Ausbau ökologisch erzeugten Stroms für 20 Jahre garantiert wurden – unabhängig vom tatsächlichen Marktgeschehen.

Die EEG-Umlage gilt hier häufig als der Hauptverursacher des Preisanstiegs. Stromanbieter begründen Preissteigerungen oftmals damit, dass die Abgabepflicht staatlich verordnet ist und den Anbietern deshalb die Hände gebunden wären. Tatsächlich sind Stromanbieter aber gar nicht dazu verpflichtet, die Umlage an Ihre Kunden weiterzugeben. Oftmals wurden auch die Subventionshöhen für einige Erzeugungsarten, vor allem im Bereich der Solarenergie, in den letzten Jahren gesenkt – nur wenige Stromanbieter haben diese Ersparnis in der EEG-Umlage an ihre Kunden weitergegeben.

Regelmäßiger Stromvergleich und Anbieterwechsel kann langfristig den Strompreis senken

Energieexperten vermuten dahinter auch das bisherige Kundenverhalten: So geht die Bundesnetzagentur davon aus, dass nahezu die Hälfte aller Stromkunden noch nie ihren Stromanbieter gewechselt hat, also seit Jahren mit Strom aus der teuren Grundversorgung beliefert wird. Verbraucher üben so zu wenig Wettbewerbsdruck auf die Stromanbieter aus, die bisher noch wenig Anreiz sahen, die Strompreise zu senken. Abgesehen von Beschaffungskosten, Umlagen und Steuern könnte der Strom so deutlich günstiger sein.

Dennoch hat bei vielen Verbrauchern inzwischen ein Umdenken eingesetzt. Das ist verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass trotz umweltbewussten Verbrauchsverhaltens und Energiesparmaßnahmen die Abschlagzahlungen für Strom unverändert hoch bleiben oder sogar noch steigen. So lange die Strompreisentwicklung wie bisher anhält, lohnt sich in jedem Fall ein jährlicher unabhängiger Stromvergleich und Anbieterwechsel.

Energiemarktexperten gehen bis zum Jahr 2020 noch einmal von bis zu 20 Prozent Preissteigerung aus. Dennoch sehen sie für die Zeit nach dem Atomausstieg (2022) und dem Auslaufen eines Großteils der Subventionen für erneuerbare Energien eine Anpassung des Strompreises an das Marktgeschehen. So werden Kunden nicht nur von der kostengünstigen Erzeugung von Ökostrom profitieren, sondern können durch regelmäßige Anbieterwechsel einen weiteren Preisdruck auf die Stromanbieter ausüben.

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